Verwechslungsgefahr einer Formmarke (BGH-Urteil „Bounty“)

Deutschland

Mit der Formmarke kann man die Form eines Produkts monopolisieren, sofern die Verkehrsteilnehmer die Form als Marke d. h. als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen wahrnehmen und nicht nur als eine mögliche Produktform im Rahmen der üblichen Produktgestaltungen. Welchen Abstand muss der Wettbewerb von der geschützten Form wahren, damit die Drittform nicht als verwechselbar ähnliche Marke eingestuft wird?

Der Mars-Konzern hatte 2011 den Schokoriegel „Bounty“ in Deutschland als Formmarke registrieren lassen (siehe Abbildung). Dies gelang ihm, weil er mit einer Meinungsumfrage belegen konnte, dass über 50 % des Publikums die Form des Schokoriegels einem bestimmten Unternehmen zuordneten.

Als ein Mitbewerber an der Internationalen Süsswarenmesse Köln einen Schokoriegel „Wish“ vorstellte, der dem „Bounty“-Riegel ähnlich war, reichte der Mars-Konzern eine Klage wegen Verletzung der „Bounty“-Formmarke ein.

Das Landgericht hiess die Klage gut. Dagegen wies das Oberlandesgericht (OLG) die Klage ab. Die angegriffene Form sei nicht identisch zu der eingetragenen Marke und werde nicht als Marke benutzt. Im Bereich der Schokoriegel würden Unterschiede in Form und Abmessung der Produkte üblicherweise als funktionelle oder ästhetische Elemente, nicht aber als Herkunftshinweis wahrgenommen. Der angegriffene Schokoriegel „Wish“ weiche auch nicht wesentlich von den üblichen Formen ab und werde daher auch nicht als Herkunftshinweis wahrgenommen. Im Übrigen habe Mars nur einen Bekanntheitsgrad von 53,2 % als knapp über den für Verkehrsdurchsetzung erforderlichen 50 % nachweisen können. Die Kennzeichnungskraft sei also nicht überdurchschnittlich. Unter Berücksichtigung all dieser Umstände liege keine Markenverletzung vor.

Mars focht das Urteil beim Bundesgerichtshof (BGH) an und erhielt Recht.

Die angefochtene Produktform ist zwar nicht identisch mit der geschützten Marke, weil die Unterschiede – nämlich die flachere Form und die breiteren Verwerfungen auf der Oberseite des Schokoriegels – dem Durchschnittskonsumenten nicht entgehen können. Aber es besteht hochgradige Ähnlichkeit, weil die Unterschiede nur im direkten Nebeneinander der Produkte erkennbar sind.

Unter diesen Umständen ist es nicht nötig zu beweisen, dass die Konsumenten die angegriffene Form selbständig als Herkunftshinweis – und nicht nur als ästhetische oder funktionelle Gestaltung – wahrnehmen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Konsumenten nicht nur die geschützte Form als Marke, sondern auch eine hochgradig ähnliche Form als Herkunftshinweis und damit als Marke wahrnehmen. Dies gilt auch dann, wenn die eingetragene Formmarke keine erhöhte Kennzeichnungskraft, also keine Bekanntheit von deutlich über 50 % hat.

Anmerkung: Die Hürden bei der Eintragung einer Formmarke sind erheblich. Meistens kommt der Anmelder nicht darum herum, mit einer aufwändigen Umfrage einen Bekanntheitsgrad von mindestens 50 % nachzuweisen. Wäre der BGH dem Urteil des Oberlandesgerichts nicht entgegengetreten, wäre die Situation des Markeninhabers auch im Verletzungsprozess sehr schwierig. Nun gilt: Wer eine zur geschützten Marke hochgradig ähnliche Form auf den Markt bringt, kann sich nicht mit dem Argument verteidigen, dass der Markeninhaber nicht nachgewiesen habe, dass die Form des Verletzers ebenfalls markenschutzfähig sei. Vielmehr gilt die nicht zu beweisende Grundannahme, dass die hochgradig ähnliche Form eine Marke ist.

Links: juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py