Unterlassungsanspruch setzt nicht wieder gutzumachenden Schaden voraus (CAFC .- „Ferring v. Watson Laboratories“)
Nach dem kontinentaleuropäischen Recht hat derjenige, der in seinem Recht verletzt wird, das Recht, vom Verletzer die Unterlassung der widerrechtlichen Handlung zu verlangen. Nur unter ganz besonderen und praktisch seltenen Umständen wird das Gericht kein Verbot aussprechen. Anders ist das in den USA. Dort muss das Gericht eine Billigkeitsprüfung durchführen, bevor es ein Verbot aussprechen darf.
Der konkrete Fall betraf einen Streit wegen unrichtiger Aussagen in einer vergleichenden Werbung. Watson Pharmaceuticals Inc. veranstaltete eine Präsentation, die auch über Video aufgenommen und ins Internet gestellt wurde. Im Rahmen der Präsentation verglich Dr. Silverberg das Watson-Produkt „Crinone“ mit dem Produkt „Endometrin“ von Ferring. Dabei waren mehrere seiner Aussagen fehlerhaft oder zumindest irreführend. Ferring klagte gegen Watson wegen unlauteren Wettbewerbs und verlangte die Unterlassung der inkriminierenden Aussagen. Ergänzend beantragte Ferring eine einstweilige Unterlassungsverfügung.
Kurz nach Beginn der gerichtlichen Auseinandersetzung gab Dr. Silverberg die eidesstattliche Versicherung ab, dass er die umstrittenen bzw. fehlerhaften Aussagen nicht mehr machen werde. Dessen ungeachtet verlangte Ferring, dass auch das Unternehmen Watson mit einem Verbot belegt werde.
Das erstinstanzliche Gericht (District Court) lehnte den Unterlassungsantrag von Ferring ab, weil Ferring nicht gezeigt habe, dass sie wahrscheinlich einen nicht wieder gut zu machenden Schaden erleide, wenn das gerichtliche Verbot nicht erlassen würde. Dagegen erhob Ferring Beschwerde beim Court of Appeals for the Federal Circuit (CAFC).
Der CAFC weist die Beschwerde von Ferring zurück und bestätigt somit das erstinstanzliche Urteil. Dabei zieht er Folgendes in Erwägung:
Ein Verbot ist eine gravierende Massnahme, die deshalb mit Bedacht anzuwenden ist. Ob ein Verbot erlassen wird oder nicht, hängt von Billigkeitserwägungen ab (principle of equity). Ein vorsorgliches Verbot ist zudem eine ausserordentliche Massnahme, die nur unter eng bestimmten Umständen zugesprochen werden soll.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts für den 3. Kreis hat der Kläger, der eine vorsorgliche Massnahme verlangt, zu zeigen:
– dass er in der Sache wahrscheinlich Erfolg haben wird (likely to succeed on the merits),
– dass er wahrscheinlich einen nicht wieder gutzumachenden Schaden erleiden wird, falls kein Verbot erlassen wird (likely to suffer irreparable harm),
– dass Billigkeitserwägungen zu seinen Gunsten ausfallen und
– dass ein Verbot im öffentlichen Interesse ist.
Da das Gericht Billigkeitserwägungen anstellen muss, sind die konkreten Umstände zu berücksichtigen. Es ist deshalb nicht zulässig, von einer generellen Vorannahme auszugehen. Dass ein nicht leicht wieder gut zu machender Schaden vorliegt, kann deshalb nicht als Vorannahme unterstellt werden. Vielmehr muss der Kläger im konkreten Fall zeigen, dass er wahrscheinlich einen nicht leicht wieder gut zu machenden Schaden erleiden würde, wenn das beantragte Verbot nicht ausgesprochen würde.
Weiter betont der CAFC, dass die Anwendung von Billigkeitserwägungen ein sehr grundlegendes Prinzip im Prozessrecht ist. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob ein Verbot im Wettbewerbsrecht, im Patentrecht oder im Markenrecht beantragt wird.
Mit diesem Urteil wird klar, dass ein Schutzrechtsinhaber in den USA nicht nur bei einem vorläufigen Verbot (einstweilige Verfügung) sondern auch bei einem dauerhaften Verbot den nicht wieder gut zu machenden Schaden plausibel machen muss.