Supreme Court verneint Patentierbarkeit eines Therapieverfahrens (Mayo v.Prometheus)
Bis vor 5 Jahren war in den USA die Grenze sehr weit gezogen für das, was dem Patentschutz zugänglich war. Dies im Kontrast zu Europa, wo schon immer die Technizität der neuen Anspruchsmerkmale ausschlaggebend gewesen ist. Mit dem Entscheid im Fall Mayo v. Prometheus hat der Supreme Court die liberale Praxis eingeschränkt.
Der Kern der strittigen Erfindung lag in der Angabe des Bereichs, innerhalb dem der Spiegel des Wirkstoffs im Blut des Patienten liegen muss, damit die Thiopurin-Behandlung wirksam ist.
Das umstrittene Patent US 6,355,623 beanspruchte ein „Verfahren zur Optimierung der therapeutischen Effizienz“ einer immun-vermittelten Gastrointestinalstörung. Die ersten beiden Verfahrensschritte des Anspruchs waren an sich bekannt und lauteten sinngemäss:
a) Abgabe eines Medikaments mit dem Wirkstoff 6-Thioguanin an den Patienten und
b) die Messung des Spiegels dieses Wirkstoffs beim Patienten.
Das eigentlich neue Merkmal, das die Erfindung charakterisierte, war wie folgt formuliert:
„wobei ein Gehalt an 6-Thioguanin von weniger als etwa 230 pmol pro 8×108 Erythrozyten eine Notwendigkeit zeigt, anschliessend die verabreichte Menge des Arzneimittels an das Subjekt zu erhöhen, und wobei ein Gehalt an 6-Thioguanin von größer als etwa 400 pmol pro 8×108 roten Blutkörperchen auf die Notwendigkeit hinweist, die anschliessend verabreichte Menge des Arzneimittels zu verringern.“
Prometheus Labs. war ausschliesslicher Lizenznehmer an diesem Patent und klagte Mayo wegen Patentverletzung ein. Im Gegenzug klagte Mayo auf Nichtigkeit des Patents.
In erster Instanz entschied das Gericht, dass die ersten beiden Schritte nur zum „Datensammeln“ dienten und dass der dritte Schritt ein rein mentaler Akt sei, der den natürlichen Zusammenhang zwischen den im Körper produzierten Metaboliten und der therapeutischen Wirksamkeit festhalte. Dieser Schritt decke alle Möglichkeiten zur Verwirklichung des natürlichen Zusammenhangs ab und sei nicht patentierbar.
Die Berufung an den Court of Appeals for the Federal Circuit (CAFC) führte zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils. Es seien alle Verfahrensschritte zu berücksichtigen für die Patentierbarkeit. Dass ein einzelner Schritt ein an sich nicht patentierbares Naturgesetz bzw. einen mentalen Akt enthalte, stehe der Patentierbarkeit nicht entgegen.
Der US Supreme Court griff diesen Fall auf und widersprach dem CAFC Urteil.
Das Gericht betrachtet die Korrelation zwischen den natürlich produzierten Metaboliten und der therapeutische Wirksamkeit, als ein nicht patentierbares Naturgesetz. Die ersten beiden Schritte sind gemäss dem Supreme Court nicht „echte Anwendungen des Naturgesetzes“, sondern nur Bemühungen des Patentinhabers, mit geschickten Anspruchsformulierungen das Naturgesetz doch zu monopolisieren. Die ersten beiden Verfahrensschritte sind in der Technik allgemein üblich und reichen nicht aus, um die Erkenntnis aus einem Naturgesetz in eine patentierbare Anwendung zu überführen.
Im Ergebnis hat dieses Urteil zur Folge, dass ein Anspruch nicht patentierbar ist, wenn er neben einem vom Patentschutz ausgeschlossenen Merkmal, das einen mentalen Akt oder ein Naturgesetz darstellt, nur allgemein übliche technische Merkmale aufweist. Es ist bemerkenswert, dass dies im Prinzip der Linie des Europäischen Patentamts entspricht.