Schadenersatz bei Markenverletzung (3M v. Huawei)
Bei einer Markenverletzung liegt das Hauptinteresse des Markeninhabers darin, die widerrechtlichen Benutzungshandlungen des Verletzers zu stoppen. Weil das Gerichtsverfahren und das Wiederherstellen der Integrität der verletzten Marke aber Geld kostet, soll der Verletzer auch einen Schadenersatz bezahlen. Das chinesische Markengesetz setzt allerdings bei der Höhe des Schadenersatzes Grenzen. Die neuste Rechtsprechung des höchsten chinesischen Volksgerichts zeigt, dass diese Grenzen nicht absolut sind.
Der weltbekannte US-Konzern 3M aus Minnesota besass in China seit vielen Jahren die Marke „3M“ für Waren der Klasse 17 (Gummi, Kunststoff). Im Jahr 2005 meldete das chinesische Unternehmen Changzhou Huawei Advanced Material Co., Ltd (“Huawei”) die Marke „3N“ für die Klasse 19 (Baumaterialien nicht aus Metall) an. Gegen diese Markenregistrierung erhob der US-Konzern Widerspruch beim Markenamt und obsiegte schliesslich in der Beschwerde im Jahr 2013.
Kurz nach diesem Erfolg gegen „3N“ doppelte der US-Konzern mit einer Markenverletzungsklage gegen das chinesische Unternehmen nach und verlangte Unterlassung und Schadenersatz. Huawei versuchte sich mit verschiedensten Argumenten zu verteidigen: Die Marken „3M“ und „3N“ seien nicht verwechselbar. „3N“ sei nämlich während Jahren für Produkte benutzt worden, die billiger seien als diejenigen von „3M“, so dass Huawei einen eigenen Markt aufgebaut habe. Im Übrigen habe Huawei nie beabsichtigt, die Marke „3M“ nachzuahmen. Vielmehr sei 3N die Zusammenfassung der Initialen des Slogans von Huawei, nämlich „New Concept, New Technologies, New Products“.
Das Gericht fand Huaweis’s Argumenten aber nicht überzeugend. Es beurteilte die Marke „3M“ als bekannt und erachtete die Marken als visuell ähnlich. Auch sei von einer Verletzungsabsicht auszugehen, da Huawei den behaupteten Slogan nie in der Werbung benutzt habe. Im Ergebnis seien deshalb ein erheblicher Marktanteil und die beträchtliche Kundenbasis aufgrund der widerrechtlichen Benutzung der verletzenden Marke erreicht worden. Die vorgebrachten Argumente seien deshalb keine Verteidigung gegen die Schadenersatzforderung.
Huawei weigerte sich trotzdem, seine Geschäftsbücher vorzulegen, um die Dauer und den Umfang der Produktion und Verkauf der verletzenden Produkte sowie den Verletzergewinn ersichtlich zu machen. Das Gericht traf deshalb die Annahme, dass der tatsächliche Gewinn weit über dem (damals anwendbaren) gesetzlichen Maximum des Schadenersatzes von RMB 500‘000 liegen würde. Infolgedessen verurteilte es Huawei zu einer Schadenersatzzahlung von RMB 3,5 Mio., einem Betrag, der weit über dem (damaligen) gesetzlichen Maximum lag.
Der Fall ging bis vor den Supreme Court, aber dieser bestätigte das Verdikt in vollem Umfang.
Anmerkung: Die gesetzlichen Grenzen für den Schadenersatz sind in China zwar mittlerweile höher (RMB 3 Mio.), für grosse Streitfälle im internationalen Vergleich aber immer noch zu niedrig. Das vorliegende Urteil zeigt aber, dass chinesische Gerichte bereit sind, bei besonderen Umständen die Grenzen weiter zu ziehen. Es ist zu vermuten, dass die Weigerung von Huawei, ihre Buchhaltung zu öffnen, ein wesentlicher Grund für den Entscheid war. Informationsblockade sollte nicht belohnt werden.