Schadenersatz bei Verletzung standardessenzieller Patente (SEP)

Japan | 03.08.2015

Patente, die wesentlich sind für die Benutzung eines internationalen Standards, wie zum Beispiel des UMTS, können unter FRAND Bedingungen vom Patentinhaber lizenziert werden. Wer aber Produkte vertreibt, ohne sich um die erforderlichen Patentlizenzen zu bemühen, begeht eine Patentverletzung. Der IP High Court von Tokyo hatte nun zu entscheiden, ob und in welcher Höhe bei Verletzung eines SEP Schadenersatz gefordert werden kann.

Die Patentinhaberin (Samsung Electronics) hatte sich im Jahr 2007 gegenüber der Standardisierungsorganisation ETSI bereit erklärt, jeder interessierten Partei eine unwiderrufliche Lizenz am Streitpatent zu fairen, vernünftigen und nicht-diskriminierenden Bedingungen zu gewähren (FRAND-Deklaration). Da gewisse Produkte von Apple unter das Patent fielen und Apple nicht nachweisen konnte, dass diese Produkte lizenziert waren, forderte die Patentinhaberin Schadenersatz.

Apple machte geltend, eine Schadenersatzforderung für die Verletzung eines Patents, zu dem eine FRAND-Deklaration abgegeben worden war, sei ein Missbrauch des Patentrechts.

Der japanische IP-High Court bestätigt diese Sichtweise in der Berufung teilweise. Die Schadenersatzforderung kann im Normalfall nicht höher als die FRAND-Lizenz sein. Dies begründet das Gericht wie folgt:

Wenn eine FRAND-Deklaration abgegeben worden ist, verlassen sich die betroffenen Unternehmen darauf, dass sie eine angemessene Lizenz erhalten werden. Dies ist ein Grund dafür, dass sich die Technologie weltweit verbreitet und dass der Patentinhaber dadurch zu Lizenzeinnahmen kommt, die er sonst nicht erzielen könnte. Es ist gerechtfertigt, die Erwartung auf eine Lizenz zu schützen. Mit anderen Worten: Eine Schadenersatzforderung, die höher ist als die FRAND-Lizenz, steht im Widerspruch zu der Lizenzbereitschaft des Patentinhabers. Es ist daher im Normalfall nicht gerechtfertigt, dem Patentinhaber Schadenersatz zuzugestehen, der über die Höhe einer FRAND-Lizenz hinausgeht.

Ein höherer Schadenersatz könnte nur bei besonderen Umständen in Frage kommen. Diese müsste der Patentinhaber nachweisen. Als Beispiel nennt das japanische Berufungsgericht den Fall, dass der Patentverletzer gar kein ernsthaftes Interesse an einer Lizenz hat.

Das Gericht hält andererseits fest, dass es dem Patentinhaber in jedem Fall gestattet sein muss, für die Verletzung eines SEP einen Schadenersatz in Höhe einer FRAND-Lizenz zu erhalten und zwar als Gegenleistung dafür, dass er seine Erfindung im Rahmen einer Patentanmeldung offengelegt hat.

Die Höhe der FRAND-Lizenz berechnet der japanische IP-High Court im vorliegenden Fall wie folgt: In einem ersten Schritt werden die patentverletzenden Umsätze mit dem „Beitragsfaktor“ multipliziert. Dieser Faktor entspricht der Übereinstimmung des Produkts mit dem UMTS Standard. In einem zweiten Schritt wird der zuvor berechnete Betrag mit dem Deckel-Lizenzsatz multipliziert, welcher verhindert, dass die Lizenz für mehrere Patente unvernünftig hoch wird. Im dritten Schritt schliesslich wird der Betrag aus dem zweiten Schritt durch die Anzahl standardessenzieller UMTS Patente dividiert.

Mit diesem Urteil hat das Gericht eine gute Balance zwischen den Interessen des Patentinhabers und denen der betroffenen Industrie gefunden. Das Recht auf Schadenersatz bei SEP bleibt erhalten, aber nur in einem angemessenen Rahmen. Bemerkenswert ist die Lizenzberechnungsmethode. Sie ist grundsätzlich nicht auf die Anwendung auf standardessenzielle Patente beschränkt, sondern könnte an sich auch in anderen vergleichbaren Fällen zur Anwendung kommen, wo ein Produkt durch mehrere Patente geschützt ist.

Links: www.ip.courts.go.jp/eng/vcms_lf/25ne10043yosi.pdf

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