Schadenersatz ab Veröffentlichung der Patentanmeldung (CAFC – Rosebud v. Adobe)
Wenn die Ansprüche einer veröffentlichen Patentanmeldung im Wesentlichen gleich wie Ansprüche des später erteilten Patents sind, und wenn der Verletzer die veröffentlichte Anmeldung gekannt hat, kann er bereits für die Benutzung der Erfindung vor der Patenterteilung zur Zahlung einer angemessenen Lizenz verurteilt werden. Kann nun diese Verletzerlizenz nur dann gefordert werden, wenn der Verletzer durch den Patentinhaber auf die Anmeldung hingewiesen worden ist?
Rosebud LMS Inc. hatte drei Patentverletzungsklagen gegen Adobe Systems Inc. erhoben. Die erste Klage, welche sich auf das Stammpatent US 7‘454‘760 stützte, wurde im Jahr 2010 abgewiesen. Zwei Jahre später erhob Rosebud eine zweite Klage aus dem zweiten Patent (US 8‘046‘699). Noch während diese zweite Klage anhängig war, reichte Rosebud im Jahr 2014 eine dritte Verletzungsklage ein, welche sich auf ein drittes Patent (US 8‘578‘280) stützte. Beachtenwert ist dabei, dass das zweite und das dritte Patent aus Fortsetzungsanmeldungen resultierten, die aus dem Stammpatent abgezweigt worden waren. Somit hatten die drei Patente im Wesentlichen den gleichen Beschreibungstext und unterschieden sich primär in den Ansprüchen.
Im Rahmen der hier interessierenden dritten Klage verlangte Rosebud eine angemessene Lizenz, weil Adobe die dritte Patentanmeldung nach deren Veröffentlichung benutzt habe.
Adobe wandte ein, dass sie im Zeitpunkt der Verletzung keine tatsächliche Kenntnis („actual notice“) von der dritten Patentanmeldung hatten, weil Rosebud Adobe nicht über die Veröffentlichung der Anmeldung in Kenntnis gesetzt hatte.
Demgegenüber machte Rosehud geltend, dass aufgrund der Umstände des Einzelfalls offensichtlich sei, dass Adobe von der veröffentlichten Anmeldung Kenntnis gehabt habe. Erstens habe Adobe das Stammpatent gekannt. Zweitens habe Adobe die Aktivitäten von Rosebud verfolgt und drittens sei es Usus, dass man beim Vorwurf einer Patentverletzung das Patent und dessen Familie überprüfe und dass deshalb der Anwalt von Adobe die Anmeldung von Rosebud hätte sehen müssen.
Der District Court lehnte den Lizenzanspruch ab. Auch die Berufung beim Court of Appeals for the Federal Circuit (CAFC) blieb erfolglos.
Der CAFC stellt zunächst fest, dass das Gesetz verlangt, dass der Verletzer von der Veröffentlichung der Patentanmeldung „actual notice“ hat. Dabei muss es sich um eine tatsächliche Kenntnis handeln („actual knowledge“). Eine Rechtsvermutung zugunsten einer Kenntnis („constructive knowledge“) genügt nicht.
Sodann erläutert das Gericht, dass der Begriff „actual notice“ mit „knowledge“ gleichgesetzt werden kann. Daher ist nicht nur die Fallkonstellation abgedeckt, dass der Patentverletzer durch den Patentinhaber über die Anmeldung informiert wird. Vielmehr kann der Verletzer auch auf anderem Weg zu dem Wissen über die Anmeldung kommen. Daher ist die von Adobe vertretene Position falsch.
Aber auch Rosebud dringt mit ihrer Argumentation nicht durch, wonach aufgrund der Umstände des Streitfalls klar sei, dass Adobe von der Veröffentlichung der Patentanmeldung Kenntnis gehabt habe. Die Kenntnis des Stammpatents genügt nicht, weil die Ansprüche der späteren Abzweigungsanmeldung aus dem Stammpatent naturgemäss nicht ersichtlich sind. Zweitens lassen die als Beweis vorgelegten E-Mails nicht den Schluss zu, dass Adobe tatsächlich Kenntnis hatte von der Anmeldung. Im Ergebnis ist daher die Klage von Rosebud zu Recht abgewiesen worden.
Anmerkung: Dieses Urteil zeigt zum einen, dass es zwar nicht nötig ist, einen Mitbewerber auf die Veröffentlichung der eigenen Patentanmeldung hinzuweisen. Ein Schutzrechtshinweis erleichtert aber den Beweis der Kenntnisnahme. Zum anderen wird auch klar, dass schon die widerrechtliche Benutzung von Ansprüchen einer veröffentlichten, aber noch ungeprüften Anmeldung zu Schadenersatzansprüchen führen kann.
Links: https://www.jpo.go.jp/tetuzuki_e/t_tokkyo_e/product_process_C151125_e.htm