Patente und Lizenzen – Fallstricke bei diagnostischen Verfahren

16.10.2020

Eine der Erkenntnisse vom Medtech Day 2020 war, dass sich die Teilnehmer vor allem für die Fallstricke und die Komplexität bei den Patentanmeldungen im medizinischen Bereich interessierten. Wir wollen daher das Thema Patente und Lizenzen für Medtech-Firmen etwas näher beleuchten.

Im Bereich Medtech werden europaweit die zweithöchsten Anmeldezahlen erreicht. Die Hürden für erfolgreiche Patente im Bereich diagnostische Verfahren sind allerdings sehr hoch und nicht zu unterschätzen:

Eine israelische Forschergruppe entwickelte zum Beispiel eine Apparatur zur Diagnose der Alzheimer Krankheit. Sie basiert auf der Tatsache, dass Alzheimer-Patienten auf gewisse Nervenstimulatoren anders reagieren als gesunde Menschen. Wenn dem Patienten eine niedrige Dosis des Nervenstimulators auf die Netzhaut verabreicht wird, verändert sich die Pupille anders als bei einem gesunden Menschen. Die Apparatur hat deshalb eine Kamera, die in regelmässigen Zeitabständen die Pupille vermisst. Die Messungen werden mit Standarddaten verglichen und daraus kann abgeleitet werden, ob die untersuchte Person an Alzheimer leidet. Das Europäische Patentamt hat die Patentanmeldung abgelehnt mit der Begründung, die Erfindung schütze ein „diagnostisches Verfahren am menschlichen Körper“.

Doch was wird als „Diagnostizierverfahren am menschlichen Körper“ eingestuft? Nach der Rechtsprechung des Europäischen Patentamts hat ein Diagnostizierverfahren vier Phasen:

1.  Untersuchung: Datenerfassung am menschlichen Körper.
2. Vergleich: Daten mit Normwerten vergleichen.
3. Symptomerkennung: Feststellen eines signifikanten Unterschieds zu den Normwerten.
4. Diagnose: Aus der Abweichung auf ein Krankheitsbild schliessen.

Wenn sich ein Verfahren über alle vier Schritte erstreckt, dann gilt es als „Diagnostizierverfahren am menschlichen Körper“ und ist vom Patentschutz ausgeschlossen.

Die Ablehnung eines Patents lässt sich theoretisch vermeiden, wenn einer der Schritte fehlt. Allerdings reicht es natürlich nicht, einen der Schritte einfach auszublenden, obwohl er eigentlich zur Erfindung gehört. Eine eingehende Analyse des Falls ist also zwingend nötig, um die Patentierung so gut wie möglich sicherzustellen. Ebenso ist es wichtig, die Patentschrift so aufzubauen, dass sie gar nicht erst ins Patentierungsverbot fällt. Um diese Punkte professionell aufzuarbeiten empfiehlt sich der Gang zu einem Patentanwalt, der bereits Erfahrung in der Medtech Branche mitbringt. Recherchieren Sie also gründlich und lassen Sie sich beraten, um eine Patentabweisung zu vermeiden.

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