Markenanmeldung zum Schutz dekorativer Benutzung nicht bösgläubig (BGH „Glückspilz“)
Eine Marke dient dazu, die eigenen Produkte über ein individuelles Zeichen von den Produkten der Mitbewerber zu unterscheiden. Ist dagegen eine Grafik oder einer Wortkombination nur dazu da, den ästhetischen Sinn des Käufers anzusprechen und das Produkt attraktiver zu machen, liegt kein markenmässiger Gebrauch vor. Ist es nun zulässig, eine Marke anzumelden, nur um die eigene dekorative Benutzung gegen Kopierer zu schützen?
Der Online-Shop „Adelheid“ hatte sich das Wort „Glückspilz“ als Marke für diverse Waren wie z. B. Bekleidung und Haushaltartikel schützen lassen (DE 3020100684860). Im Shop-Sortiment finden sich verschiedenste Waren mit einem „Glückspilz“-Design, wie zum Beispiel die nachstehende Abbildung zeigt. Das Produkt wird als „Glückspilz-Einkaufstasche“ beschrieben. Im Online-Shop steht aber durchgehend „Adelheid“ mit einem Kleeblattlogo als Marke im Hintergrund.
Der Online-Shop hatte auch noch mehrere andere Wörter als Marke geschützt („Seemannsbraut“, „Pokalsieger“, „Küchenfee“ u.a.m.), die er aber nicht benutzte.
Aus der eingetragenen Marke „Glückspilz“ ging der Online-Shop sodann gerichtlich gegen Mitbewerber vor, die Fussmatten mit einer „Glückspilz“-Dekoration vertrieben und die diese Produkte im Werbetext entsprechend bezeichneten. Die angerufenen Gerichte beurteilten die Verwendung des „Glückspilz“-Designs auf den Produkten nicht als Markenbenutzung und folglich nicht als Markenverletzung. Nur die Verwendung von „Glückspilz“ in der Produktbeschreibung wurde als Markenverletzung qualifiziert.
Daraufhin wurde der Online-Shop vor dem Bundespatentgericht eingeklagt. Die Marke sei zu löschen, weil sie böswillig angemeldet worden sei. Ferner fehle ihr auch die erforderliche Unterscheidungskraft.
Das Bundespatentgericht hiess die Löschungsklage gut. Es befand, die Markeninhaberin habe die Sperrwirkung der Marke zweckfremd einsetzen wollen. Sie habe mit ihren Markeneintragungen andere Hersteller bei der üblichen Verwendung von dekorativen Wörtern behindern wollen. Auch wenn die Verletzungsgerichte in den Produktbeschreibungen eine Markenverletzung gesehen hätten, habe die Markeninhaberin gleichwohl rechtsmissbräuchlich den Einschüchterungseffekt der Marke gegen die dekorative Benutzung eingesetzt. Die Markeninhaberin habe nicht die Absicht geäussert, die bisher nur dekorativ verwendeten Marken in Zukunft auch markenmässig benutzen zu wollen.
Gegen dieses Löschungsurteil erhob der Online-Shop Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof (BGH) und zwar mit Erfolg.
Zunächst weist der BGH darauf hin, dass die Kriterien für die rechtsmissbräuchliche Markenanmeldung, die früher im Zusammenhang mit §1 UWG (Schutz gegen unlauteres Handeln) und §826 BGB (Schadenersatz) entwickelt worden sind, auch im Zusammenhang mit dem neu eingeführten Verbot der bösgläubigen Markenhinterlegung im Markengesetz gelten.
Bösgläubig ist eine Markenanmeldung z. B. dann, wenn sie nur dazu da ist, den Marktzutritt eines Dritten zu verhindern, ohne die Benutzung der Marke zu beabsichtigen. Im vorliegenden Fall ist gemäss BGH allerdings nicht erstellt, dass der Online-Shop zum Anmeldezeitpunkt keine Benutzungsabsicht hatte. Das Bundespatentgericht hat es unterlassen, die von der Markeninhaberin behaupteten eigenen Benutzungsformen zu würdigen. Insbesondere hat das BPatG nicht berücksichtigt, dass die Marke nicht nur auf dem Produkt selbst, sondern auch in der Angebotszeile zum entsprechenden Produkt im Online-Shop verwendet wird.
Auch das bisherige Vorgehen gegen Mitbewerber vermag die Bösgläubigkeit der Markenanmeldung nicht zu stützen. Die Tatsache, dass eine Marke auch gegen rein dekorative Benutzung ins Feld geführt werden kann, ist nicht ausreichend für die Bösgläubigkeit. Ein derartiges zweckfremdes Vorgehen begründet ja auch keine Markenverletzung und führt demzufolge zum Prozessverlust mit Kostenfolgen. Da weitere bösgläubige Umstände nicht ersichtlich sind, kann festgestellt werden, dass die Marken nicht in erster Linie auf die rechtsmissbräuchliche Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung der Mitbewerber gerichtet sind.
Die angeblich fehlende Unterscheidungskraft hat das Bundespatentgericht nicht geprüft. Deshalb wird der Streitfall zur weiteren Prüfung an das BPatG zurück verwiesen.
Anmerkung: Dieses Urteil zeigt, dass es durchaus zulässig ist, Marken auf Vorrat anzumelden und deren Abschreckwirkung zu nutzen. Nur wenn aufgrund zusätzlicher Umstände ersichtlich ist, dass es nur um die Behinderung der Mitbewerber geht, kann die Markenanmeldung im Einzelfall als bösgläubig betrachtet werden.
Links: juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py