Ungenügende Entgegenhaltungsrecherche kein Grund für zweite IPR (PTAB – Praxair v. Ino Therapeutics)

USA

Das Inter Partes Review (IPR) Verfahren vor dem US-Patentamt erlaubt es einem Dritten, ein erteiltes Patent beim Patent Trial and Appeal Board (PTAB) auf Schutzfähigkeit überprüfen zu lassen. Wenn ein Entscheid in einem solchen Verfahren ergangen ist, kann das Patent aber nicht mit denselben Gründen nochmals angegriffen werden. Wie verhält es sich, wenn der Angreifer nach dem Abschluss des Verfahrens auf eine neue kritische Entgegenhaltung stösst?

Praxair Distribution Inc. hatte das Patent US 8,846,112 B1 von INO Therapeutics im Jahr 2015 ein erstes Mal angegriffen wegen fehlender Patentfähigkeit diverser Ansprüche. Das IPR Verfahren schloss mit einem Entscheid, der gewisse Ansprüche aufrechterhielt. Nach diesem Entscheid hat Praxair zusammen mit NOxBOX, einer britischen Tochtergesellschaft von Praxair, ein erneutes IPR Verfahren beantragt und sich dabei auf eine neue Entgegenhaltung „Greenough and Jaypee“ gestützt. Diese Entgegenhaltung sei trotz sorgfältiger Recherche nicht früher gefunden worden.

Der PTAB weist den Antrag als unzulässig zurück (IPR 2016-00781 - http://www.aiablog.com/wp-content/uploads/2016/09/Praxair-Estoppel-at-PTAB.pdf). Praxair hätte bei sorgfältiger Recherche die Entgegenhaltung schon im früheren Verfahren finden können.

Als Beweis für das Anwenden der erforderlichen Sorgfalt beim Recherchieren des Standes der Technik, hat Praxair nur eine „Beispielhafte Liste von Suchergebnissen“ vorgelegt. Diese Liste kann die Sorgfaltspflicht aus mehreren Gründen nicht untermauern. Erstens handelt es sich nur um ein einzelnes Recherchenergebnis. Zweitens ist weder der Name noch die Qualifikation und Erfahrung des Rechercheurs angegeben. Drittens ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen der Rechercheur die gewählten Suchbegriffe und Begriffskombinationen angewendet hat. Viertens fehlt eine Erklärung, ob die relevante Entgegenhaltung mit der Suche gefunden worden ist und falls ja, weshalb sie nicht in die „beispielhafte“ Liste aufgenommen worden ist.

Zudem hat Praxair an anderer Stelle selbst behauptet, dass der Fachmann nach dem „kollektiven akademischen Wissen“ von „Greenough and Jaypee“ im Bereich der iNO Therapie Ausschau gehalten hätte. In einer Expertise von Dr. Lawson, die Praxair selbst vorgelegt hat, wird sogar festgestellt, dass es sich bei der vorgelegten Entgegenhaltung nicht um ein obskures Dokument handele, das ein sorgfältiger Rechercheur nicht finden würde. Zudem würde sich eine Fachperson, die sich für die iNO Therapie interessiert, an den Publikationen von Anne Greenough orientieren, die eine Vordenkerin in dieser Therapie ist. Schliesslich gibt es verschiedenste Publikationen, in denen Greenough und Jaypee sich gegenseitig referenzieren.

Wie die Patentinhaberin aufzeigt, ist die Publikation in diversen Bibliotheken verfügbar und kann mit Stichworten aus dem Streitpatent via Google-Books gefunden werden. Auch sind im Prüfungsverfahren der Patentfamilie schon diverse andere Publikationen von Greenough zitiert worden.

Im Ergebnis versucht Praxair nur, ein früheres Argument zu stützen, das das PTAB im ersten Entscheid als nicht relevant beurteilt hatte.

Auch hilft es nicht, dass NOxBOX (zusätzliche) Antragstellerin ist. Sie fällt unter den Estoppel von 35 USC § 315(e), weil sie als Tochtergesellschaft “a real party in interest or privy of the petitioner” ist.

Anmerkung. Der Entscheid zeigt, dass man vor einem IPR Verfahren sehr sorgfältig und umfangreich recherchieren muss, da man keine zweite Chance erhält, die vorgebrachten Argumente nachzubessern. Was unter „sorgfältig recherchieren“ zu verstehen ist, ergibt sich aus dem Urteil sehr klar. Die vom PTAB erwähnten Kriterien können als Mindestanforderungen an eine sorgfältige Recherche übernommen werden.

Es hat Praxair auch nicht geholfen, dass sie ihre Tochtergesellschaft als Mitangreiferin ins Boot geholt hat. Das PTAB erachtet die Interessen der Tochtergesellschaft als diejenigen der Muttergesellschaft.

Links: IPR 2016-00781 - www.aiablog.com/wp-content/uploads/2016/09/Praxair-Estoppel-at-PTAB.pdf