Neue Prüfungsrichtlinien zu Product-by-Process Ansprüchen

Japan

Wie ich bereits hier (http://www.kellerpatent.ch/de/s/news/news-detail/article/japan-gueltigkeit-und-schutzbereich-von-erzeugnisanspruechen-mit-verfahrensschritten.html) berichtet habe, hat der japanische Supreme Court entschieden, dass Erzeugnisansprüche mit Verfahrensmerkmalen (Product-by-Process Claims) unklar und infolgedessen nichtig sind, sofern eine andere Erzeugnisdefinition möglich ist. Nun hat das Japanische Patentamt seine Prüfungsrichtlinien angepasst. Dazu hat es Beispiele gemacht, wann derartige Ansprüche zulässig sind. Dabei geht es um die Kriterien, wann eine Gegenstandsdefinition ohne Verfahrensmerkmale „unmöglich“ oder „praktisch nicht realisierbar“ ist.

Gemäss den geänderten Prüfungsrichtlinien wird das Japanische Patentamt Erzeugnisansprüche mit Verfahrensmerkmalen standardmässig als unzulässig beanstanden. 

Auf eine derartige Zurückweisung kann der Anmelder auf eine der folgenden Weisen reagieren:

a)      Streichen des beanstandeten Anspruchs,

b)      Umformulieren des Anspruchs in einen Verfahrensanspruch,

c)       Umformulieren des Anspruchs in einen Erzeugnisanspruch,

d)      Nachweis der „Unmöglichkeit“ oder „fehlenden praktischen Realisierbarkeit“ einer alternativen Anspruchsformulierung.

Welche dieser Optionen im Einzelfall zur Verfügung steht, hängt von den jeweiligen Umständen ab. Interessant ist natürlich, wie die Kriterien gemäss Option d) zu verstehen sind. Um zu verdeutlichen, wie die „Unmöglichkeit“ oder „fehlende praktische Realisierbarkeit“ nachgewiesen werden kann, hat das Patentamt unter anderem folgende Beispiele gemacht.  

Beispiel 1:

Gegenstand der Erfindung ist ein Duftspender, bei dem eine Duftstoffquelle in einer Aktivkohleschicht deponiert ist. Das Besondere ist, dass der Duftstoff nicht an der Oberfläche, sondern tief im Inneren des Aktivkohlekörpers eingelagert ist. Der neue Duftspender wird im Patentanspruch dadurch mit folgendem Verfahrensschritt definiert: Der Duftspender ist hergestellt durch Erwärmung eines Aktivkohlekörpers, der mit einer Lösung imprägniert ist, die den Duftstoff enthält.

Dieser Product-by-Process Anspruch könnte mit folgenden Argumenten verteidigt werden: Jeder Aktivkohlekörper hat eine andere Struktur. Es ist deshalb nicht möglich, eine Mindesttiefe für den Duftstoff im Aktivkohlekörper anzugeben. Es wäre mit den existierenden Verfahren wie zum Beispiel SEM (Sekundärelektronenmikroskopie) oder XRD (X-ray Diffraction) auch nicht möglich, den inneren Zustand des Aktivkohlekörpers nachzuweisen. SEM erfasst nämlich nur den Oberflächenzustand und bei der XRD-Messung würde der Duftstoff verdampfen. Würde man den Aktivkohlekörper zerschneiden, könnte man nur die Tiefe bei diesem einzelnen Schnitt feststellen. Man müsste nach dem „Trial and error“ Prinzip extrem viele Schnitte herstellen und ausmessen, was praktisch nicht realisierbar wäre.

Beispiel 2:

Der Anspruch ist auf eine cremige Öl-in-Wasser Emulsion für ein Nahrungsmittel gerichtet. Die Besonderheit ist, dass eine ölige Lösung mit Emulgatoren, eine Komponente A und eine Komponente B einer Wasserphase zugegeben werden und dass das Ganze emulgiert wird.

Dieser Product-by-Process Anspruch könnte mit folgendem Argument verteidigt werden: Aufgrund der angegebenen vielseitigen Herstellungsverfahren sind die Strukturen der vom Anspruch erfassten Produkte derart unterschiedlich gestaltet , dass sie nicht auf andere Weise in knapper Weise definiert werden können. Es ist daher unmöglich oder zumindest praktisch nicht realisierbar, die Struktur des beanspruchten Produkts ohne Angabe von Verfahrensschritten zu definieren.

Anmerkung: Auch wenn es nicht ausgeschlossen ist, dass man Product-by-Process Ansprüche in Japan zur Erteilung bringen kann, muss man sich in Zukunft sehr gut überlegen, wie ein solcher Anspruch verteidigt werden kann. Am besten ist es, wenn man bei neuen Patentanmeldungen mit Product-by-Process Ansprüchen die „Unmöglichkeit“ oder „fehlende praktische Realisierbarkeit“ einer Produkt-Definition ohne Verfahrensmerkmale in der Beschreibung erläutert.

Links: https://www.jpo.go.jp/tetuzuki_e/t_tokkyo_e/product_process_C151125_e.htm