Marken und Patente in Russland

Werner A. Roshardt
Russian Legislation

Auswirkungen des Krieges und der Sanktionen

Der Krieg gegen die Ukraine hat zu einer Reihe von internationalen Sanktionen und russischen Gegenmassnahmen geführt. Was bedeuten diese Sanktionen für unsere Kunden und deren Schutzrechte in Russland?

Nach Auskunft unserer russischen Korrespondenzanwälte gibt es derzeit keinerlei Anzeichen dafür, dass Russland die Schutzrechte ausländischer Inhaber nationalisieren, konfiszieren oder annulieren will.

Russland hat (wie auch viele andere Länder) schon lange das staatliche Recht vorgesehen, Zwangslizenzen (d.h. Lizenzen an Schutzrechten ohne Zustimmung des Inhabers) zu erteilen, wenn es die nationale Notlage erfordert. Die nachfolgenden Voraussetzungen gelten zur Begründung einer nationalen Notlage in Russland:

  1. Bei dem Patent muss es um die nationale Sicherheit oder den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung gehen UND es muss eine Dringlichkeit bestehen.
  2. Eine Zwangslizenz kann von der Regierung nur für jedes Schutzrecht individuell und für bestimmte Produkte entschieden werden.
  3. Zwangslizenzen erfolgen gegen eine vom Staat festgelegte Entschädigung an den Schutzrechtsinhaber.

In der Geschichte des russischen Patentrechts sind bis heute nur etwa 1 – 2 Fälle für derartige Zwangslizenzen bekannt. Die Entschädigung war allerdings nicht sehr hoch (ca. 0.5% des Umsatzes).
 

Dekret setzt Zwangslizenzgebühr auf Null

Im März 2022 ist ein Dekret der russischen Regierung ergangen, dass bei Patenten, Gebrauchsmustern und Designs die Höhe der Zwangslizenz auf 0% reduziert, sofern der Inhaber der Schutzrechte Staatsbürger einen sog. „unfreundlichen“ Landes ist. Betroffen sind hierbei insbesondere die USA, die EU, Südkorea, Japan und einige mehr. An den übrigen Voraussetzungen der Zwangslizenz ändert das Dekret jedoch nichts. Somit darf das Dekret nicht dahingehend missverstanden werden, dass irgendjemand die Patente eines Inhabers aus einem «gelisteten Land» frei benutzen darf, noch, dass das Recht auf normalen Schadenersatz bei Patentverletzungen aufgehoben wird.
 

Gesetz vom 08.03.2022 betreffend «Liste bestimmter Produkte»

Durch das Gesetz erhält die Regierung das Recht, eine «Liste von Produkten» zu erstellen, bei denen der Schutz der die im Produkt enthaltene «geistige Leistung» oder «Individualisierung» nicht geltend gemacht werden kann. Weder gibt es diese Liste schon, noch besteht Klarheit, was das Gesetz für die gelisteten Produkte genau bedeutet. Es wird vermutet, dass es um die Legitimierung von Importen geht.
 

Gerichtsentscheidung zu «Peppa Pig»

Erstmals hat ein russisches Gericht entschieden (https://www.worldipreview.com/article/peppa-pig-case-portends-russia-tm-retaliation), dass die nicht-lizenzierte Benutzung der Marke «Peppa Pig» durch russische Unternehmen zulässig ist und keinen Schadensersatz nach sich zieht. Diese Entscheidung ist ohne Vorbild und es ist offen, ob das die zukünftige Linie sein wird. Zusätzlich existiert aber auch eine andere Gerichtsentscheidung zu «Peppa Pig», die sowohl eine Verletzung des Markenrechts als auch einen Schadenersatz bejaht hat.

 

Zusammenfassend sind die Auswirkungen des Krieges und der internationalen Sanktionen als kritisch zu bewerten. Zwar besteht noch kein akuter Handlungsbedarf, jedoch kann sich die Situation schnell ändern.

Sie haben Schutzrechte in Russland und Sie beschäftigt die Frage nach dem weiteren Umgang mit Ihren Schutzrechten? Wir stehen im Austausch mit unseren russischen Kollegen und beraten Sie gerne.